Der Kampf der Frauen
Von Barbara Kerbel
Sie wollen lernen, arbeiten und wählen: Während der Revolution von 1848/49 kämpfen Frauen zum ersten Mal für ihre Interessen. Es ist der Beginn der Emanzipation in Deutschland.
Ihre Waffe sind die Worte. Schon als junge Frau beginnt Louise Otto zu schreiben – und damit man ihre Texte akzeptiert, verwendet sie manchmal ein männliches Pseudonym. „Die Teilnahme der Frau an den Interessen des Staates ist nicht allein ein Recht, sie ist eine Pflicht der Frauen“, schreibt sie 1843 in den Sächsischen Vaterlandsblättern. Mit Sätzen wie diesem wird sie zur Pionierin der bürgerlichen Frauenbewegung.
Es sind die Frauen aus dem Bürgertum, die in den achtzehn hundert 1830er- und 1840er-Jahren beginnen, für ihre Rechte zu kämpfen. Sie wollen mehr lernen können, und sie wollen arbeiten. Beides dürfen sie zu dieser Zeit nicht. In armen Familien ist es selbstverständlich, dass Mädchen und Frauen arbeiten – die Familien brauchen ihre Arbeitskraft und das Geld. Für Töchter aus reicheren und gebildeten Familien gibt es aber nur eine Option: das Leben an der Seite eines reichen Mannes.
Frauen wie Louise Otto wollen mehr als das. Als in den 1840er-Jahren überall im Land die politische Situation öffentlich kritisiert wird, fordern auch die Frauen Reformen. Viele unterstützen die Revolution von 1848/49: Sie sitzen auf den Besuchertribünen in der Frankfurter Paulskirche, helfen ihren politisch aktiven Männern – und kämpfen selbst energisch. Zum ersten Mal tun Frauen auch etwas für ihre eigenen Interessen.
Die Stimmen der Frauen können auch Publikationsverbote nicht stoppen. Neben Louise Otto werden nach 1848 andere Frauenrechtlerinnen populär: Helene Lange kämpft für bessere Bildung, die Sozialistin Clara Zetkin für die Arbeiterinnen und die Theoretikerin Hedwig Dohm fordert schon 1873 das Frauenwahlrecht. 1865 treffen sich in Leipzig 120 Frauen zu einer Konferenz und gründen den Allgemeinen Deutschen Frauenverein.
1918 bekommen Frauen das aktive und passive Wahlrecht – und nutzen beides ein Jahr später. Rund 90 Prozent gehen 1919 zur Wahl; zehn Prozent der Mitglieder des neu gewählten Parlaments sind Frauen. Sie finden dort Mehrheiten für wichtige Gesetze: Mutterschutz, Mindestlöhne für Heimarbeiterinnen, mehr Rechte für Prostituierte.
Ein anderes Ziel erreichen sie nicht: 1931 kämpfen viele Frauen – aber auch Männer – für die Reform des Paragrafen 218 des Strafgesetzbuchs. Dieser gilt seit 1871 und bestraft einen Schwangerschaftsabbruch mit bis zu fünf Jahren Gefängnis. Sie haben keinen Erfolg. Erst mehr als 40 Jahre später wird der Paragraf reformiert.
Als 1933 die Nazis an die Regierung kommen, gehen die Erfolge der Frauenbewegung wieder verloren. In der Diktatur hat die Frau nur eine Aufgabe: Mutter zu sein – und den Mann zu unterstützen.
Nach dem Krieg steht das geteilte Deutschland vor einer Neuordnung – und die Frauenbewegung vor einer neuen Chance. Vor der Gründung der Bundesrepublik formuliert der Parlamentarische Rat 1948 den Text für das Grundgesetz. In der Kommission sitzt auch die Sozialdemokratin Elisabeth Selbert. Die Juristin kämpft für die Aufnahme der Gleichberechtigung ins Grundgesetz – mit Erfolg: „Männer und Frauen sind gleichberechtigt“, heißt es in Artikel 3.
Trotzdem ändert sich für die Frauen viele Jahre lang wenig. Erst 1958 wird das erste Gleichberechtigungsgesetz offiziell gültig – es verbessert die Situation vieler Frauen aber nicht. So brauchen sie bis 1977 zum Beispiel die Erlaubnis des Ehemannes, wenn sie arbeiten gehen wollen.
Während der Studentenproteste 1968 organisieren sich Frauen in der Bundesrepublik zu einer neuen Bewegung. Ihre bekannteste Stimme wird Alice Schwarzer. 1971 hat die Journalistin die Idee für eine spektakuläre Aktion zur Reformierung des Paragrafen 218. Unter der Schlagzeile „Wir haben abgetrieben!“ bekennen sich 374 Frauen in der Zeitschrift Stern zu einem – damals illegalen – Schwangerschaftsabbruch. 1974 werden Abtreibungen unter bestimmten Bedingungen legalisiert. In der DDR sind sie es seit 1972.
Den nächsten Meilenstein für Frauenrechte erreichen Frauen aus West und Ost nach der Wiedervereinigung gemeinsam: Seit Juli 1997 ist die Vergewaltigung in der Ehe eine Straftat. Frauen aller Parteien organisieren dafür gemeinsam eine Mehrheit im Parlament. Es bleibt nicht ihr letzter Kampf.
Die Wortschätze
(e) Waffe (-n) : senjata
(e) Pflicht (-en) : kewajiban
(s) Blatt (-ä,er) : daun, lembar
(e) Frauenbewegung (-en) : pergerakan wanita
gebildet : berpendidikan
scheitern : gagal
scheitere, scheiterst, scheitert, scheitern
scheiterte, scheitertest, scheitertet
habe gescheitert
verbieten : melarang
verboten, verbot, verbotest, verbotet
habe verboten
(e) Frauenrechtlerin (-nen) : women’s right activist (English)
(s) Frauenwahlrecht (-e) : hak pilih bagi kaum wanita
(r) Mutterschutz (-e) : cuti hamil
(r) Lohn (-ö,e ) : gaji
(e) Heimarbeiterin (-nen) : Ibu rumah tangga
(s) Strafgesetzbuch : buku berisi undang-undang tentang tindakan kriminal
bestrafen : dihukum
bestraften
habe bestraft
gültig : valid, berlaku
(e) Gültigkeit (-en) : keabsahan
berufstätig : diperkejakan
(e) Schlagzeile (-en) : slogan
abtreiben : menggugurkan
abtrieben
habe abgetrieben
(sich) bekennen : mengakui
bekannten
habe bekannt
(r) Meilenstein (-e) : batu loncatan
(e) Vergewaltigung (-en) : pemerkosaan
„Die Vergewaltigung in der Ehe“ : pemerkosaan dalam pernikahan
(e) Straftat (-en) : tindakan kriminal
(e) Strafe (-en) : denda
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